Eigenverlag, 2005, 320 Seiten, Preis unbekannt
Erstveröffentlichung im Reiki-Magazin Nr. 4/2006
Alfred Josef Mühlbacher ist Reiki-Meister aus Österreich. Seine
diesbezügliche Qualifikation und Ausbildungslinie lassen sich den
Personenangaben zu Beginn seines Reiki-Buches “Dem Himmel ein Stück
näher” nicht entnehmen, sondern sind auf Seite 130 untergebracht. Auf
den ca. 40 Einleitungsseiten finden sich stattdessen Gebetsgedanken und
Affirmationen, die eine stark esoterisch-christliche Ausrichtung seiner
Arbeit und des vorliegenden Buches deutlich machen.
Dabei vertritt der Autor gleich die Ansicht, dass die klassische
Reiki-Anwendung “sanftes Wohlbefinden, Harmonie, ein angenehmes
Wärmegefühl, das wertvolle Auflösen von Blockaden im Meridiansystem,
die Aktivierung in den Energiezentren sowie die Stärkung des
Immunsystems” auslösen kann. Er dagegen würde zusätzlich mit einem
“göttlichen Kraftstrom” arbeiten, einer tiefen göttlichen
Verbindungskonzentration, die er durch persönliche Kontaktaufnahme zu
Jesus herstellen will: “Erst dadurch löse ich den
SELBSTHEILUNGSMECHANISMUS im Körper direkt aus und erziele dadurch die
von der SCHÖPFUNG ERLANGTE HEILUNG”. (S. 14, diese und alle folgenden
Hervorhebungen wie im Buch).
Danach folgen grundlegende Ausführungen über das Usui-System, die
aktuell und informativ sind. Jedoch sind die Lebensregeln ohne weitere
Hinweise erweitert und der Punkt “Wissenschaftliche Erkenntnisse über
Reiki” ist inhaltlich recht dünn.
Der zweite Teil des Buches enthält auf 55 Seiten das Ausbildungswissen
für den ersten Grad, wobei die Vorstellung der Chakren mit 18 Seiten
den Löwenanteil ausmacht. Weiterhin gibt es wissenswerte Hinweise für
Schüler des ersten Grades, Rituale und Behandlungsformen wie
Chakren-Ausgleich, Selbstbehandlung (sechs Positionen) und
Schnellbehandlung (acht Positionen) sowie Angaben für insgesamt 18
Handpositionen an Kopf, Vorder- und Rückseite des Körpers. Dabei
entspricht der Hinweis “Die beschriebenen Behandlungspositionen
entsprechen den Ausbildungskriterien der anerkannten REIKI-ALLIANZ” (S.
101) meines Wissens nicht den aktuellen Tatsachen.
Dass der Autor trotz dieses Hinweises mit den Standards jener
Vereinigung nicht viel zu tun hat, zeigt auch die Abbildung der Symbole
im dritten Teil “Ausbildungswissen für den zweiten Grad”. Auf 23 Seiten
werden die Symbole dargestellt, mit mir weitgehend unbekannten
Bedeutungsinhalten übersetzt – die aber möglicherweise früher einmal in
der Szene kursierten – und Anwendungsbeispiele gegeben. Symbole, die
bekanntermaßen nicht aus dem Japanischen stammen, werden als
“japanisch” bezeichnet. Auch dass bei einer Fernbehandlung “stets
sämtliche Vor- und Zunamen, sowie das Geburtsdatum und die derzeit
aktuelle Wohn- bzw. Geschäftsadresse” (S. 123) bekannt sein müssen,
erscheint mir arg übertrieben.
Im vierten, fast 50 Seiten starken Teil geht es um das
“Ausbildungswissen eines REIKI-MEISTERS”. Auch wenn der Autor wieder
seine “traditionelle” und “überlieferungskonforme” Lehre mit dem Usui
Shiki Ryoho betont, führt er dieses aufgrund der Übernahme des
3A-Grades, dessen Ursprung wohl im Radiance-System liegt, sowie der
Abbildung des Meistersymbols ad absurdum. Wobei letzteres auch seine
Aussage konterkariert, dass das Meistermantra einem Schüler erst
offenbart wird, wenn er in den dritten Grad eingeweiht wird. Die
weiteren Erklärungen zur Anwendung und Bedeutung des Symbols
unterscheiden sich von allen mir bekannten Quellen, so dass der Autor
aus meiner Sicht einen völlig eigenen Reiki-Stil zu praktizieren
scheint.
Im weiteren finden sich zahlreiche Anwendungsbeispiele, die allerdings
eher den zweiten als den dritten Grad betreffen sowie ein Aufruf an die
Leser: “Helft mit, arbeitet viel und opfert eure Heilungen ‘für die
Bekehrung der Sünder in dieser Welt’ auf.” (S. 174) Der eigentliche
Reiki-Teil des Buches ist damit zu Ende. Im fünften Teil sollen Leser
“Den Zugang zu den kosmischen Kraftquellen entdecken”, was einmal mehr
nahe legt, dass der Autor Reiki gar nicht als “kosmische Lebensenergie”
zu verstehen scheint. Affirmationen und Gebete, Kontakte mit Engeln und
Geistwesen, Pendeln oder eine Anleitung zur tiefen Gottesverbindung
sollen dabei helfen.
Das Buch schließt mit dem sechsten Teil, wo “Praxiserfahrungen und
Anwendungen unter Zuhilfenahme von geistig-medialem Therapiewissen”
mitgeteilt werden. Alfred Mühlbacher betont dabei zu Recht die
Übernahme von Mitverantwortung durch jeden Patienten als notwendigen
Schritt zur Gesundung. In einer Liste alternativer Heilmethoden nimmt
sich allerdings Nordic Walking als einzige Sportart eher ungewöhnlich
aus. Es folgen Antworten auf ethische Fragen zu Themen wie Selbstmord
oder Wahrheit, Exkurse über psychische Störungen oder die “richtige
Einstellung zu geistigen Helfern”. Zum Ende hin stellt der Autor sein
Seminarprogramm vor, das neben Reiki auch Ausbildungen in
Bach-Blüten-Therapie, Pendeln und Rutengehen umfasst.
Während die Anmutung der zweiten Auflage dieses Buches als Hardcover
viel versprechend wirkt, deuten Schwächen im Innenlayout – vor allem
durch die massiven Hervorhebungen – auf die möglicherweise liebevolle,
aber letztendlich unprofessionelle Erstellung hin. Dazu wirken die
einzelnen Kapitel, als wären die Unterlagen des Autors über seine
jeweiligen Reiki-Seminare zu einem Buch zusammengepackt worden.
Zahlreiche eigenwillige Sichtweisen bezüglich des zweiten und dritten
Grades sowie die in meinen Augen sehr plakativ und kaum demütig
wirkende Licht- und Liebe-Botschaft dürften das Werk nur für Anhänger
einer stark esoterisch-christlichen Reiki-Praxis interessant machen.