fiktive Rezension
abgedruckt im Reiki-Magazin Nr. 1/2000
Ganz neu auf dem Markt ist dieses Lehr-TriHolo von Becker 2000, das in Zusammenarbeit mit namhaften Reiki-MeisterInnen des Comchu-Stiles entstand. Als möglichen Kundenkreis visiert das deutsche Software-Unternehmen vor allem diejenigen Menschen an, die Reiki lernen wollen, ohne sich mit der Klärung der lästigen Meisterfrage oder dem körperlichen Besuch eines real-existierenden Seminars abzuquälen.
So bietet das Startmenü schon gleich die Möglichkeit, sich den gewünschten Reikimeister einzustellen: sei es Usui höchstpersönlich, der dann in voller Lebensgröße als Hologramm erscheint, sei es ein anderer Großmeister aus der Furumoto oder Gakkai-Linie, ein tibetischer Lama oder gar ein Do-it-yourself-Meister, den man sich mittels mitgelieferter Software nach eigenen Wünschen zurechtbasteln kann. Die Möglichkeiten hierzu sind reichlich: aufgrund der Einbeziehung von Engels-, Geister- und Außerirdischenformen (gar eines Jedi-Ritters aus dem uralten Star Wars Epos) dürfte sich hier für jeden Geschmack etwas bieten.
Dann kann sich der Teilnehmer die gewünschten Bestandteile seines persönlichen Reiki-Kurses zusammenstellen. Wer es eher traditionell mag, der kann sich ein sehr schönes TriHolo der Reiki-Legende ansehen. Für meinen Geschmack ist es ein wenig zu sehr im Disney-Stil gehalten, dadurch aber für jede Altersgruppe passend. Die Möglichkeiten im interaktiven Modus sind etwas eingeschränkt. Und ob es viel Sinn macht, wenn der Teilnehmer Usui bei der Suche nach Streichhölzern helfen muß, damit er seine Fackel anzünden kann, das mag ich denn doch in Frage stellen. Grundsätzlich ist dieser Teil jedoch eine schöne Idee, den der Käufer sich sicher immer wieder mit Vergnügen anschauen kann.
Etwas arg erschlagen wird der Schüler im Kapitel "Die 512 Handpositionen". Hier wäre weniger mehr gewesen. Wenigstens erleichtert eine auf Krankheitssymptomen aufbauende Suchfunktion das Leben ein wenig. Wenig gelungen finde ich den Teil, in dem der gewählte Meister Fragen des Schülers beantwortet. Sei es, weil der Meister einfach nur ganze Absätze aus bereits erschienenem Lehrmaterial zitiert oder gar völlig still bleibt, da der Index nicht anspricht. Oder handelt es sich bei letzterem um eine Zen-Variante? Hierfür könnte sprechen, daß der Schüler auf Fragen wie "Muß ich um meinen Klienten einen Schutzkreis ziehen?" mit der Antwort "Schütteln und keine Oliven bitte" konfrontiert wird. Hier dürften m.E. wohl noch einige Bugs stecken, die in einer Neuauflage hoffentlich behoben werden.
Wer sich all dies jedoch sparen will, kann direkt zum Hauptpunkt übergehen, nämlich den Einweihungen. Grundsätzlich bietet die LernWare acht Grade an. Im Kaufpreis von 100 DM ist jedoch nur eine einmalige Einweihung in den ersten Reiki-Grad enthalten. Einzeln kosten die zusätzlichen Minidiscs, die laut Hersteller nur für einmaligen Gebrauch vorgesehen sind, um geschäftsschädigende Masseneinweihungen zu vermeiden, jeweils 100 DM für den ersten Grad und die drei einzelnen Teile des traditionellen zweiten Grades. Grad 5 und 6 (Meister und Lehrer) belaufen sich auf jeweils 300 DM, während die sogenannten "universellen Licht&Liebe-GroßmeisterGrade" mit 500 DM zu Buche schlagen. Wer über ein TriHolo mit Internet-Anschluß verfügt, kann sich allerdings auch ohne Kauf des vorliegenden Produkts direkt via Website einweihen lassen.
Da ich selbst schon eingeweiht bin und in meinem Bekanntenkreis keinen Freiwilligen fand, fiel es mir schwer, die Funktion dieses Programmteils zu überprüfen. Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich dann eines Nachts, nachdem ich von der Party eines bekannten EsoVerlages anläßlich der Frankfurter Buchmesse nach Hause zurückgekehrt war, meinen Sswoerrl in Sektlaune zum Versuchskaninchen erklärte. Es gelang mir sogar, mein possierliches, halbtelepathisches Haustier, einen genmanipulierten Nachfahren der Schoßtiere, die uns die Plejaden-Wesen bei ihrem Besuch 2005 dagelassen hatten, dazu zu bewegen, seine Ärmchen in die richtige Stellung zu bringen. Doch mitten in der Zeremonie sträubten sich ihm die Nackenhaare und er verkroch sich blitzartig in die Mikrowelle. Seitdem zuckt er jedesmal zusammen, wenn ich nur an Reiki denke. Und ob es sich bei diesem Ding, das mein Sswoerrl sich aus weggeworfenen Eisstilen zusammenbastelt, wirklich um eine Reiki-Liege handelt, wie meine Freundin behauptet, möchte ich arg bezweifeln. Ich schätze, daß er eher die Nachbarkatze darin fangen will.
Jedenfalls fiel mir bei dieser Einweihungs-Zeremonie verstärkt eine weitere Schwäche des "Reiki-Seminars" ins Auge. Oftmals sind die Animationen schlecht gerendert, was sich gerade bei jener Zeremonie seltsam auswirkt, wenn in Usuis Ärmel plötzlich ein Bügeleisen sichtbar wird. Nun gut, vielleicht haben sich hier die Programmierer einen Scherz mit jenen Schülern erlaubt, die partout die Augen nicht geschlossen halten wollen. Doch solche Probleme tauchen auch – neben sprunghaften Bewegungen, fehlenden Schattenwürfen etc. – an anderen Stellen auf. Ich schätze, hier hat der Herausgeber ein wenig zu sehr aufs Budget geschaut.
Als Fazit bleibt mir nur: wer Gefallen an virtuellen Heimeinweihungen findet, der kann sich einmal eine Testversion von "Mein Reiki-Seminar" downloaden oder gleich die teurere, aber sorgfältiger verarbeitete LernWare aus dem Haus Adobar bestellen. Von Microsofts Reiki 3000 (siehe Reiki-Magazin 3/2023) rate ich auch in der neuen XY Edition ab, da die alten Probleme (wie Abstürze mitten in der Einweihungszeremonie etc.) weiterhin bestehen und ich es – Lebensregel Nr. 3 hin oder her – weiterhin eine Zumutung finde, daß der dortige Usui eine auffallend große Ähnlichkeit mit Bill Gates hat. Ich persönlich rate weiterhin lieber zu einem Meister aus Fleisch und Blut.