Windpferd Verlag, Aitrang, 2006, 12,90 €
veröffentlicht im Reiki Magazin 3/06
Zahlreiche Reiki-Bücher hat Frank Arjava Petter mittlerweile verfasst. Dieses ist das Erste seit „Das Erbe des Dr. Usui“ und „Reiki-Feuer“, das er wieder komplett allein geschrieben hat. So wie Arjava damals Unstimmigkeiten in der Reiki-Legende richtig stellen wollte, möchte er nun mit Märchen und Mythen in der Reiki-Szene aufräumen, um zur Essenz von Reiki durchdringen zu können.
Die Alternative zu „Du bist Deutschland“ und „Wir sind Papst“ heißt bei
Frank Petter nun „Du bist Reiki“. Als das, was Reiki ausmacht, benennt
er fünf Punkte: die universelle Lebensenergie als ursprüngliche Quelle,
das Reiki-Kanji, eine einfache, klare Technik (bzw. wenn schon
„Cocktail“, dann als solcher benannt), die Reiki-Lebensregeln als ein
zentraler Punkt der Reiki-Praxis sowie Byosen als „das Thema Nummer
Eins in der praktischen Anwendung des Reiki“ (S. 27). Nachdem der Autor
damit gezeigt hat, was für ihn Reiki ist, wendet er sich nun dem zu,
was Reiki in seinen Augen nicht ist.
Nach grundsätzlichen Gedanken zum Thema Wahrheit geht es über
geschichtliche Mythen, sprachliche Missverständnisse und den Unterricht
über die Symbole zum Thema Praxis und Behandlungssituationen. Bis dahin
gibt es bereits zahlreiche Ideen, die für Reiki-Praktizierende
jeglicher Couleur unbequem sein dürften. Sei es, dass Arjava die weiße
Kleidung manch’ esoterisch geprägter Reiki-Schulen aufs Korn nimmt,
oder eine Lanze dafür bricht, dass Reiki-Meister ihren Schülern des
zweiten Grades die Symbole schriftlich mitgeben sollten – und dies auch
logisch nachvollziehbar begründet. An manchen Stellen fehlen mir
allerdings Quellenangaben, wie beispielsweise bei Aussagen zur
Lehrpraxis von Hawayo Takata.
Zu höheren Reiki-Graden schreibt Petter, dass die so genannten
Großmeister-Grade auf seinen Bruder Raj Petter zurückgingen, der „eine
wunderschöne Qigong-Technik mit Reiki verbunden und sie als Steigerung
der Reiki-Kraft angeboten hat. Nicht schlecht, hat aber mit Reiki
nichts zu tun. Was von der Radiance-Technik als höhere Grade angeboten
wird, ist auch nicht japanisch, sondern bestenfalls eine
Weiterentwicklung.“ (S. 73)
Weiter geht es mit Mythen rund um die Themen Einweihungen,
„unsterblichen Unsinn“, das „Gut-Mensch“-Syndrom und die
„Sensei-Falle“. Dabei liefert der Autor eine interessante Definition
hinsichtlich des Unterschiedes zwischen den Begriffen Einstimmung und
Einweihung: „Eine Einstimmung beschränkt sich auf das Ritual der
Kraftübertragung. Eine Einweihung beinhaltet den gesamten Kurs,
inklusive Einstimmung, Theorie und Praxis in Gegenwart und unter
Anleitung des Lehrers.“ (S. 85)
Damit ist der Teil „Was Reiki nicht ist“ zu Ende. Frank Petter öffnet
nun seine „Schatztruhe der Reiki-Praxis“ und gibt Anregungen für
Reiki-Praktizierende und -Lehrer. Ob ein Reiki-Meister allerdings nur
dann „wirklich glaubwürdig Reiki unterrichten“ kann, wenn er einmal im
Leben in Japan gewesen ist (S. 121), erscheint mir ein klein wenig
übertrieben, auch wenn ich das Gefühl, aus dem diese Aussage kommt,
durchaus nachvollziehen kann. Ansonsten sind viele der Ratschläge, ob
über innere Öffnung, innere Trennung oder den Umgang mit eigenen
Ängsten durchaus hilfreich.
Im letzten Kapitel gibt Arjava noch einmal spezielle Ratschläge für
Reiki-Meister: über dessen Verantwortung, das Unterrichten,
Projektionen und Erwartungshaltungen. Dazu passen auch die Anhänge:
anhand seiner eigenen Kurse gibt er Beispiele für den Lehrinhalt von
Reiki-Seminaren, das Muster eines Anmeldeformulars und eines
Reiki-Stammbaums.
Frank Arjava Petter hat mit „Reiki ganz klar“ wieder ein Werk
vorgelegt, dass die in viele unterschiedliche Stile und Praktiken
zerfallene Reiki-Szene zum jetzigen Zeitpunkt nutzen kann, um sich auf
die Essenz des japanischen Reiki-Systems zu besinnen. Ich persönlich
liebe dieses Buch für den Mut des Autors zur Aufrichtigkeit. Allerdings
wird er sich damit nicht nur Freunde machen, da Arjava das von ihm
praktizierte System – das vor allem auf den Lehren Tadao Yamaguchis
beruht – bereits im Buchtitel als „das“ Reiki wiederzugeben scheint.
Genau hier tritt mit der zuweilen fehlenden sprachlichen
Differenzierung bei der Verwendung des Begriffes „Reiki“ das größte
Manko dieses Werkes hervor: Wann redet der Autor von Reiki als Energie
und wann steht es als Synonym für das von ihm praktizierte und
favorisierte Reiki-System (vgl. dazu meinen Artikel „Reiki – Energie
oder System“ im Reiki Magazin, Ausgabe 2/2005)? Es sollte dem Leser
klar sein, dass Arjava sich stets auf der Suche nach den Wurzeln
befindet, nach dem, was gemeinhin als „traditionelles Usui-System“
bezeichnet wird. Doch gibt es auch darüber hinaus einige Gefäße, mit
denen man die universelle Lebensenergie ganz gut transportieren kann.
Der große Gewinn des vorliegenden Buches besteht darin, dass es dazu
anregen kann, das von einem selbst verwendete Gefäß auf seine
Tauglichkeit zu überprüfen und vielleicht das ein oder andere Leck zu
stopfen oder unnötigen Ballast abzuwerfen. Ein neuer Grabenkrieg im
Stil von „mein Reiki ist besser als deines“ dürfte kaum im Sinne des
Autors sein.
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Dieses Buch hab ich, nachdem ich es angefangen hatte zu lesen, nicht mehr aus der Hand gelegt! Frank Arjava Petter schreibt so herzerfrischend, dass ich manchesmal laut herausgelacht habe und meinem Mann daraus vorgelesen habe! Im Anhang des Buches habe ich dann festgestellt, dass der Autor und ich, bis hin zu Ageh Popat, dieselbe Linie haben! Bei mir kommt da dann noch Irene Höft! Witzig!
Regina