Synergia Verlag, 1. Aufl. 2009, 72 Seiten, 11,80 €
Karin Worms vertritt in ihrem Buch „Die wahre Geschichte des Reiki“ eine gewagte These. Mikao Usui – der allen Reiki-Praktizierenden als Begründer der Reiki-Methode bekannt ist – soll gar nicht der Begründer sein.
Worauf stützt sich ihre These? Als Grundlage hierfür nimmt die Autorin die Reiki-Geschichte, wie sie von Hawayo Takata erzählt wurde. Darin war Mikao Usui ein christlicher Priester und studierte u. a. in Chicago und, wie es manchmal hieß, an der Doshisha-Universität in Japan. Die Forschungen von Frank Arjava Petter und Anderen hatten in den 90er Jahren eine in verschiedenen Punkten andere Lebensgeschichte von Mikao Usui aufgedeckt, als sie von Frau Takata erzählt worden war. Seitdem gilt die Geschichte, wie Takata sie erzählte, in weiten Teilen der Reiki-Gemeinschaft eher als lehrreiche Legende denn als „wahre Geschichte“.
Karin Worms hält aber weiterhin an der von Takata erzählten Form fest und sucht nun, darauf aufbauend, Erklärungen dafür, wie es zu der Diskrepanz zwischen Usuis Lebensgeschichte und der Reiki-Geschichte nach Takata kommt. Auf Grundlage ihrer eigenen Nachforschungen hat sie zwei Menschen dazu auserkoren, die „wahren“ Begründer der Reiki-Methode zu sein: zum einen den Meiji-Kaiser, zum anderen einen christlichen Priester namens Michitomo Kanamori.
Im ersten Teil des Buches schildert die Autorin ihre Überlegungen zur Reiki-Geschichte und erwähnt, dass sie zehn Jahre lang geforscht habe, um die im Buch wiedergegebenen Erkenntnisse zusammen zu bekommen. Sie gibt die Reiki-Geschichte, wie von Hawayo Takata erzählt, im Buch wieder, jedoch nur bis zu dem Punkt, wo Frau Takata in Reiki eingeweiht wird (da bezüglich ihrer These lediglich die frühen Jahre der Reiki-Geschichte von Bedeutung sind). Im weiteren geht sie auch auf die Forschungen von Frank Arjava Petter ein.
Der weitaus größte Teil des Buches, rd. drei Viertel, beschäftigt sich mit dem Leben von Michitomo Kanamori. Die Biographie ist sehr detailliert und reicht von seinen frühen Jahren bis zu seinem Tod. Die wichtigen Aspekte sind hier, dass Kanamori christlicher Priester war und ein bekannter christlicher Missionar seiner Zeit. Er studierte an der Doshisha-Universität, und durch die von ihm in christlichen Kreisen erlangte Berühmtheit war er oft auf Reisen. Dabei kam er auch nach Amerika und studierte dort einige Monate. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass er an der Universität in Chicago eingeschrieben war. Nach einer Sinnkrise und dem zeitweiligen Austreten aus der Kirche widmete er sich ganz seiner Familie. Nachdem seine Frau, nach längerer Krankheit und Bettlägerigkeit, verstorben war, nahm er seine christliche Mission wieder auf und predigte konservativer denn je.
Die Autorin stellt die Vermutung an, dass Herr Kanamori, unfähig, seiner kranken Frau zu helfen, die Suche nach einer Heilmethode begann und dabei in der Bibel fündig wurde. Da er täglich betete und meditierte, könne er, der Darstellung der Autorin nach, durchaus einen Zugang zu Reiki gefunden haben. Weiterhin wird die Vermutung geäußert, dass Mikao Usui und Michitomo Kanamori sich eventuell kannten, da beide etwa im gleichen Zeitraum für japanische Minister gearbeitet haben. Kanamori soll dann, so Karin Worms These, Usui in Reiki eingeführt haben.
Eine weitere These in dem Buch ist, dass der Meiji-Kaiser, der nach Angaben der Autorin selbst hellsichtig und heilerisch begabt war, Reiki wieder entdeckt und die Methode an seine Minister und hochrangigen Mitarbeiter weitergegeben habe.
Für mich ist die Argumentationskette nicht schlüssig, und einen wirklichen Grund, dass Michitomo Kanamori oder der Meiji-Kaiser der eigentliche Begründer der Reiki-Methode sei, kann ich auch nicht finden. Wer sich auf die These der Autorin einlässt, findet durchaus einige Parallelen zwischen der Reiki-Geschichte nach Hawayo Takata und Kanamoris Leben. Aber ob dies ausreicht, um die heute millionenfach verbreitete und hinlänglich historisch belegte Sicht von Mikao Usui als Begründer der Reiki-Methode zu erschüttern, ist doch eher fraglich.
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