Wege der Ganzwerdung

Karl-Heinz Doppler: Reiki und das Tao

Satori-Verlag, Regensburg, 1999, 224 Seiten, 20 Euro
Veröffentlicht im Reiki-Magazin Nr. 1/2002

doppler Einen "Weg zu Gesundheit, Spiritualität und Lebensfreude" mag der freie Reiki-Meister Karl-Heinz Doppler, der eine Ausbildung als Diplomtrainer sowie zahlreiche Erfahrungen in der Erwachsenenbildung vorzuweisen hat, in seinem ersten Reiki-Buch aufzeigen. Sein hauptsächlicher Augenmerk liegt dabei auf den Zusammenhängen zwischen Reiki einerseits und fernöstlicher Heilkunst und Philosophie andererseits.

Dementsprechend werden im ersten großen Kapitel des Buches östliche Religionen wie Hinduismus und Buddhismus kurz und verständlich vorgestellt. Noch intensiver fällt im folgenden die Beschäftigung mit der "Philosophie des Tao" aus. Der Begriff Tao "bezeichnet eine übergeordnete Gesetzmäßigkeit des Universums, die den natürlichen Rhythmus der Welt erhält und über dem begrifflichen Denken des Menschen steht." (S. 14)

Dabei gründet Reiki nach Ansicht des Autors auf den Prinzipien des Tao: "’Heil’ oder ‚Ganz’ zu werden liegt hier immer in der Hand des einzelnen, denn die entsprechende Haltung, die dem Tao entspricht, muss jeder selbst entwickeln." Die Erläuterung von Begriffen, die in diesem Kontext elementar sind, von "Qi" und "Yin-Yang" über "Do" und "Sensei" bis hin zu "Aiki" und "Mosshoseki" erfolgt klar und verständlich. So schreibt Karl-Heinz Doppler über Qi neben dessen Aspekt als universelles und grundlegendes Konzept: "Mit Qi bezeichnet man die kosmische Kraft, dessen Ursprung im Tao liegt und das alle Dinge durchdringt und belebt." (S. 35)

Dann folgen die Grundlagen fernöstlicher Medizin: ihre Philosophie, die Ausprägungen in Indien, Tibet, China und Japan sowie ihre zeitliche Entwicklung und Verbreitung. Im Anschluß begibt sich Karl-Heinz Doppler auf Spurensuche nach den Reiki-Wurzeln und erläutert Vorläufer wie "Wai-Qi-Liou-Fa" oder "Te-ate". Dabei zeigt er Reiki als Weglehre und grenzt es klar von einigen heutigen Ausformungen ab: "Weder christliche noch andere religiöse Vorstellungen, auch nicht der Kontakt zu höheren Wesen, sind Inhalte einer Weglehre. Die Entwicklung von parapsychischen Fähigkeiten wird von manchen Lehrern sogar als hinderlich für eine spirituelle Entwicklung betrachtet, da sie meist nur das Ego stärken. Auch wenn die Verbreitung der Wegkünste eng mit dem Buddhismus in Verbindung steht, sind ihre Grundlagen rein philosophischer Natur. Gerade das und ihre Allgemeingültigkeit geben jedem Menschen, unabhängig von seinen religiösen und kulturellen Vorstellungen, die Möglichkeit eine Wegkunst auszuüben" (S. 101)

Um das "Wie" der Ausübung zu erläutern, erklärt der Autor im Folgenden die Grundlagen von Reiki. Dabei sind sowohl seine Ausführungen über die Grundsätze jeder Reiki-Anwendung, als auch seine Gedanken zu den Wirkungen und Lebensregeln sehr bereichernd. Mögen seine Informationen zu den Chakren und Meridianen für manche LeserInnen noch interessant sein, so empfinde ich spätestens die 15-seitige Aufzählung der gebräuchlichen Akupunkturpunkte deplaziert. Auch im folgenden Kapitel über die praktische Anwendung von Reiki kann der Autor das bislang hohe Niveau nicht halten. Sei es, daß beispielsweise die Form der Ganzanwendung mit 25 Positionen zuzüglich diversen Ritualen jedes Mass sprengt oder die Vorstellung von Yogaübungen aus dem Rahmen des Buches fällt. Durch diesen Verlust von Klarheit und Gliederung fällt es schwer, die Qualität der abschliessenden Kapitel "Die Entwicklung des Selbst" und "Heilende Hände – ein Vergleich mit anderen Kulturen" angemessen zu würdigen.

Eine weitere Schwäche dieses Buches betrifft Layout und Lektorat. So erinnert die einfache, textorientierte Gestaltung vor allem bei den Überschriften arg an primitive Schreibmaschinen-Texte, erschwert die ewiggleiche Seitenüberschrift die Orientierung und verdirbt die schlechte Qualität und Einbindung der Photos das Lesevergnügen. Ähnliches geschieht durch fehlende Satzzeichen oder die Eigenart des Autors, statt des Wortes "weiterhin" das unbekannte "weiters" zu verwenden. Hier könnte eine überarbeitete zweite Auflage Wunder tun.

Denn wer sich von den obengenannten Schwächen nicht abschrecken lässt, erhält ein im Grunde empfehlenswertes Werk, das bei der aktuellen Beschäftigung mit den östlichen Wurzeln von Reiki hervorragende Dienste zu leisten vermag.

 

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Frank Doerr

Veröffentlicht von

Intensive Reiki-Praxis seit 1993 und beständige Fortbildung. 1998 Reiki-Meister der 6. Generation in der Linie Usui – Hayashi – Takata – Furumoto – Kindler. Von 1994 bis 2009 Mitarbeiter beim Reiki-Festival. 1996 im Gründungsteam des Reiki Magazins, seitdem Redaktionsmitglied bzw. freier Mitarbeiter. Seit 1999 Chefredakteur von Reikiland.de. Veranstalter der ReikiCon (seit 2010) sowie Gründungsmitglied von ProReiki. Publikationen: Die Reiki-Lebensregeln (Windpferd 2005), Das Reiki-Meister-Buch (Windpferd 2007). CD mit Merlin's Magic: Reiki-Elixier inkl. Booklet (Windpferd 2007).

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