Hallö,
so - nun hab ichs schriftlich. Bin chronisch kranker Schmerzpatient. Ausgerechnet die Schmerztherapie ist in Deutschland immer noch in den Kinderschuhen.
Ich hab das zwar jetzt verstanden, was da im Körper passiert, aber noch gibts halt keine heilende Therapie.
Werde, wenn ich wieder daheim bin, selber an dem Thema forschen.
Also, die NSAR Mittelchen helfen bei mir schon lange nicht mehr. Weshalb ich ja auf Opiat gesetzt bin. Mydocalm als Langzeittherapie zusätzlich, um die Nervenenden zu entspannen.
Also, man muss sich das mit den Schmerzen analog des Lernens vorstellen. So weit ist die Forschung inzwischen. Beim Lernen bildet man neue Zellen und Informationen werden weitertransportiert. Die Schmerzrezeptoren, welche gestört sind, bilden ebenfalls weitere kaputte Rezeptoren und so kommt man in diese Spirale. Wodurch das ganze ausgelöst wird, ist ein Rätsel. Vermutlich lösen chronische Erkrankungen im Laufe der Jahre dieses "Nervenleiden" aus, welches dann zu einer weiteren eigenen Krankheit mutiert. Schmerzkrankheit.
Die Therapien, die derzeit angeboten werden, helfen hin und wieder. Jeder Patient muss seine eigene Therapie finden. Bei mir schlagen Atemtherapie und Formen der Entspannungstechniken an, wie: Meditation, Progressive Muskelrelaxation usw.
Außerdem wird generell die psycho-somatische Schmerztherapie empfohlen. Also, wenn man einen wirklich guten Therapeuten findet, dann sollte man das auf jeden Fall machen ... ich bin wirklich sehr froh über diese Therapieform. Man wird ja nicht behandelt, weil man evtl. nen Knall hat *grins*, man bekommt Muster aufgezeigt, aus denen man sich dringend lösen muss. Z. B. der Sprachfehler, das Wort Nein nicht zu beherrschen

Oder anerzogene Muster, weil man doch stets höflich zu sein hat, werden abtrainiert.
Ich habe so ein Muster, dass ich z. B. in einem Vortrag nie aufstehen würde, obwohl ich vor Schmerzen nicht mehr sitzen kann, weil ich ja nicht stören möchte ... bullshit dieses Muster. Schade ich mir selber ganz furchtbar mit.
Themen sind u. a. auch Umgang mit Wut. Wut auf den eigenen Körper, die Krankheit usw.
Ebenso Trauerarbeit ... Teile des Körpers funktionieren nicht mehr, müssen quasi "begraben" werden.
Was auch sehr interessant ist, ist die Anamese des eigenen Lebensweges. Wir haben einen Bogen bekommen, den wir ausfüllen sollten. Aber nur für uns. Nicht abgeben. Wir sollen selbst herausfinden, ob wir Muster erkennen können, die schmerzverstärkend, auslösend oder dergleichen sind/sein können.
Generell geht es darum, voll selbstverantwortlich mit seiner Krankheit umzugehen. Für sich herauszufinden, was einem hilft. Ein ganz großer Anteil liegt bei der Selbstachtung, Eigenliebe. Nur wenn man seinen Körper respektiert, dann arbeitet er auch bei der Heilung mit. Wer ständig über die Grenzen geht, dreht die Spirale immer höher.
Ich muss derzeit lernen, wo die Belastungsgrenze bei mir ist. Selbst an Tagen, wo es mir für meine Verhältnisse echt super geht, muss ich in diesen Grenzen bleiben. Ob mir das nun gefällt oder nicht. Die Belastungsgrenze am Stück liegt bei mir bei 3,5 Stunden. Damit ist z. B. ein Ausflug gemeint mit sitzen und laufen im Wechsel, incl. selbst Auto fahren. Nach dieser Zeit muss ich zwingend dem Körper Ruhe gönnen und mit Entspannungstechniken arbeiten, damit die gestörten Rezeptoren sich beruhigen.
Ich werde auch immer wieder gefragt, ob Muskelaufbau nicht helfen könnte. Nein, kann es nicht. Aus einem einzigen Grund: Muskelaufbau fängt bei einer Trainingseinheit von 3 x 30 an. Als Schmerzpatient liegt eine Einheit bei 3 - 5! Dann funktioniert der Muskel nicht mehr und er darf nicht mehr angespannt werden! Weil - siehe Reizung der Rezeptoren. Belastung ist tabu. Bewegung erlaubt. Zu Belastung zählt sogar Treppensteigen, sofern die Kniegelenke bereits einen "Schuss" weg haben. Bei mir greifen die "Zahnräder" nicht mehr ineinander, sondern knacken mehrfach laut vor sich hin. D. h., sie prallen aufeinander. Vorstufe zur Arthrose.
Alles in allem - wenn es ganz übel läuft - habe ich eines Tages 2 neue Kniegelenke und 2 neue Hüftgelenke. Hoffe, dass das noch 30 Jahre hin ist
Warum ich euch das so ausführlich schreibe?
Achtet bitte alle auf eure Gesundheit. Passt auf euch auf! Fangt noch heute an, eure Grenzen kennenzulernen und Selbstachtung ... und lernt das Wort Nein!
Übrigens ist die Schmerzkrankheit eine Auswirkung der Leistungsgesellschaft. Es gibt Länder/Kontinente, da ist diese Krankheit schlicht unbekannt!
Das ich jahrelang trotz Krankheit über meinen Grenzen gearbeitet habe, bezahle ich heute teuer. Man wird für mich Teilerwerbsminderungsrente beantragen. Ich darf nur noch 50 % arbeiten und von diesen 50 % darf ich eigentlich nur 25 % sitzen. Das ist utopisch in meinem Job.
Aber immerhin, ich werde künftig dann, sofern ich halbwegs mal wiederhergestellt sein werde, 4 Stunden am Tag arbeiten dürfen. Wann ich aber mal wieder arbeiten gehen kann und darf ... steht in den Sternen. Hoffe, dass es noch dieses Jahr sein wird.
Liebe Grüße eure
Mone