Hallo alle, hallo Roland,
Du hast mich inspiriert, mal wieder aus meinem Loch rauszukrabbeln und was zu schreiben. Weiß noch nicht, ob ich‘s dann auch abschicke, fühl mich gerade etwas zittrig, wirr und nicht besonders logisch... aber ich fang mal an.
Das, was für mich als das Heilendste und Wichtigste herausgestellt hat nach inzwischen 14 Jahren intensiver Auseinandersetzung mit meinen heftigsten Zuständen sowie mit anderen Menschen, die schwerst traumatisiert und/oder „psychotisch“ sind, ist Beziehung. Ehrliche, aufrichtige, mitfühlende Beziehung und ernstgenommen werden in all dem, was unlogisch scheint, wahnhaft oder ver-rückt. Wenn ich (Verstand/Erwachsene) es schaffe, mit meinen „durchgedrehten“ Anteilen BEZIEHUNG herzustellen und sie einfach so anzunehmen wie sie sind, glauben, denken, fühlen... und ich es dann noch schaffe, mich in diese wirre Logik reinzudenken und zu fühlen und dann immer wieder merke, es geht nur um Selbstschutz, es geht um Lebenserhaltung, ums Überleben, um Rettungsversuche, um Selbstheilungsversuche, die diese Form angenommen haben... dann, ja dann habe ich Momente des Friedens in mir.
Vor Jahren hat mir einmal eine Frau eine kurze Geschichte erzählt, was eigentlich eine Psychose ist, wie ich sie zutreffender noch nie gehört habe. Stellt euch vor, da ist jemand, der redet mit Bäumen (mal so als Beispiel). Stundenlang steht er vor den Bäumen und hat die spannendsten und wichtigsten, tiefsten und erfüllendsten Gespräche. Diese Momente sind unsäglich wichtig für diesen Menschen. Doch in seinem Umfeld versteht das keiner. Wenn er versucht, sich anderen Menschen mitzuteilen mit dem, was ihn zutiefst bewegt und ihm heilig ist, halten ihn alle für verrückt. Mit Bäumen kann man nicht sprechen. Der ist in seiner eigenen Welt. Was diesen Menschen irgendwann veranlassen kann, tatsächlich in seine eigene Welt abzutauchen und nur noch mit Bäumen zu reden und jeglichen Bezug zu der Realität zu verlieren, die die anderen Menschen teilen. Bei Huna heißt diese Realität „der gemeinsame Traum“ im Vergleich zu den persönlichen Träumen, die wir alle haben. Hier würde Psychose nichts anderes heißen als der Verlust der Verbindung mit dem „gemeinsamen Traum“.
Ich habe Reiki kennengelernt als einen Weg, mich zu verbinden und Beziehungen herzustellen. Die sehr liebevolle Beziehung zu meinem Reiki-Lehrer war für mich ein ganz wesentlicher Punkt in meinen ersten Reiki-Erfahrungen, den ich lange Zeit unterschätzt habe. Er hat mich einfach verstanden in allem, was in mir so ver-rückt war, ohne Worte. Und dann war ich nicht mehr allein. Dieses tiefe Verstehen und Mitgefühl hat für mich von Anfang an zu Reiki dazugehört, und ich habe am Anfang allen Menschen, die in Reiki eingeweiht sind, diese Fähigkeiten einfach mal „unterstellt“. Irgendwann habe ich dann gemerkt, daß das nicht zutrifft und daß ich da was vermischt habe. Es war aber auch eine total schöne Erfahrung, meinen Mitmenschen mal wirklich das Beste und Liebevollste zuzutrauen und oft konnte ich diese Seiten in anderen auch hervorlocken
In der letzten Zeit wird mir klar, wenn ich z.B. in meiner Reiki-Austauschgruppe bin, die schon seit Jahren existiert, wo wir uns regelmäßig gegenseitig behandeln, dann ist das immer irgendwie gut, aber es erreicht mich nie wirklich. Die anderen Teilnehmer sind so „normal“ (ist jetzt nicht wertend gemeint) und geerdet und stehen im Leben und im Beruf, in ihren Familien, sind energetisch ziemlich ausgeglichen... ich mag sie alle sehr gerne, aber in den Anteilen in mir, die so dringend in Beziehung gehen möchten, sich nicht allein fühlen möchten, sich mit Reiki auch mit anderen verbinden möchten, fühle ich mich wieder allein, weil da ein tiefes Wissen ist, die anderen dort würden damit nicht umgehen können und das nicht verstehen.
Für mich ist Beziehung das, was mich auf den Boden holt und auf dem Boden hält. Was soll ich auf einer Erde, auf der ich mich in meinem Erleben mutterseelenallein fühle? Was soll ich in einem Körper, der mich schwer macht, den ich versorgen muß, der immer mal wieder wehtut, wenn das vom Gefühl her alles keinen Sinn macht? Wenn jemand versucht, mich zu erden, ohne daß ich wirklich Beziehung fühlen kann, kommt in mir der größtmögliche Widerstand. Das fühlt sich so an, als würde mich jemand, den ich nicht spüren kann, der durch eine unsichtbare Mauer von mir getrennt ist, direkt in die Hölle werfen und mir sagen, das wäre gut für mich. Wenn ich so beziehungslos bin, dann fühlt sich auch das „Abheben“ mit Reiki nicht gut an. Abheben und eins werden mit der Energie kann der wunderbarste Zustand sein, den es gibt, und ich frage mich, warum so viele Menschen das als Flucht bezeichnen, wenn es doch nach so langer Dunkelheit endlich mal einen Zustand gibt, in dem ich wirklich aufmachen, auftanken und entspannen kann. Aber auch das gelingt und gelang mir nur, wenn ich zu mindestens einem Anwesenden wirklich nahe Beziehung fühlen kann oder es schaffe, mich mit mindestens einem Abwesenden in dem Moment so zu verbinden, daß ich noch weiß, daß dieser Mensch (oder dieses Tier) existiert und eine liebevolle Beziehung zu mir hat.
Das Gleiche habe ich auch oft im Umgang mit anderen erfahren. Zu dem Satz „Ich bin Jesus“ ist mir auch gleich ein Erlebnis eingefallen, das ich noch erzählen möchte. Das war in einer Gruppenübung, wo wir ständig Partner wechselten und uns gegenseitig Sätze mit „ich bin...“ sagen sollten. Einmal war mein Gegenüber ein Mann, der als „schizophren“ galt und der sich selbst mit dem Indianer aus „Einer flog übers Kuckucksnest“ identifizierte. Ich mochte ihn gerne, weil ich seine Einsamkeit und sein Anderssein so deutlich spüren konnte und fühlte, er ist auch nicht einsamer oder mehr anders als ich. Einmal sagte er mir böse und provozierend „Ich bin Satan!“ Ich dachte ja, klar, jeder hat Satan in sich, ich auch. War nicht im Geringsten geschockt. Dann sagte ich was anderes. Sein nächster Satz war: „Ich bin Jesus.“ Ja, dachte ich, jeder hat Zugang zum Christusbewußtsein. In dem Moment verstand ich, daß das, was so trennt, die Annahme ist, der einzige zu sein, etwas tief zu wissen und zu erfahren, und keiner versteht das, kennt das auch, oder hilft, die Erfahrung in einen heilsamen Kontext zu setzen. Ich schickte ihm die Botschaft, daß er Jesus ist und daß ich auch Jesus bin, ohne Worte, und sie kam an. Nach ein paar weiteren ich-bin-Sätzen änderte sich komplett die Energie zwischen uns - da war BEZIEHUNG. Plötzlich sagte er ganz schöne Dinge über sich - daß er voller Liebe ist, daß er zärtlich ist und so weiter. Tage später kam er auf mich zu und umarmte mich und sagte mir, wie wichtig dieser kurze Dialog zwischen uns für ihn gewesen sei.
Diese Themen sind für mich gerade sehr wichtig, zum einen, weil sie mich und meinen Weg betreffen, zum anderen aber auch, weil ich meine 2 Jahre dauernde Reiki-Meisterausbildung Ende 2001 kurz vor dem Abschluß abgebrochen habe und mich bis heute nicht wirklich dafür bereit fühle. Ich weiß, daß ich Menschen als Schüler anziehen werde, die ähnliche existentielle Themen haben wie ich. Ich kann mit solchen Menschen gut sein, wenn wir auf der gleichen Ebene sind, z.B. beide Patienten in einer Klinik oder beide Teilnehmer an einem Projekt, Ateliermitglieder etc. Wenn solche Menschen als Reiki-Schüler zu mir kämen, dann wäre ich diejenige, die etwas mit ihnen tut (sie einweiht), was Folgen haben kann, die wir beide nicht absehen können, weil eine größere Kraft oft mit großer Wucht ins Spiel kommt. Ich weiß nicht, ob ich dafür stabil genug bin. Ob mein Vertrauen groß genug ist. Ob ich es schaffe, mich nicht schuldig zu fühlen. Ich kann mich in einer solchen Situation nicht nur als eine sehen, die einfach nur Reiki weitergibt. Das wäre nicht ich.
Falls jemand von Euch dazu was einfällt oder Ihr von Euren Erfahrungen erzählen wollt, wäre ich daran sehr interessiert.
Herzlichen Dank an alle fürs Lesen.
Liebe Grüße von Sheelara