noch was zum thema:
Die Lehrrede vom Gebrauchtwagenhändler
So habe ich gehört: Einst weilte der Erhabene in der großen Stadt Birmingham, als er mit den Mönchen bei einem Gebrauchtwagenmarkt vorbei kam. Sie ruhten eine Zeitlang und betrachteten das Kommen und Gehen und das 'Entstehen und Vergehen' der Kunden. Als der Manager sein Name war Derek - hörte, daß der Tathágata sich auf der Straße befand, verließer sein Büro und kam, um die Bhikkhus zu begrüßen.
"Großer Erleuchteter," rief er aus, "mögest Du mir doch eine Lehre aus dem Schatz des Dharma darlegen!" Die Bhikkhus riefen: "Nein! Geh' Du nur zurück zu Deinem Geschäft!" aber der Erhabene trat vor und hießsie schweigen. Er ging mit Derek in das Büro, und sie ließen sich mit gekreuzten Beinen auf dem Teppich nieder. Der Erhabene sprach also:
"In Deinem Gebrauchtwagenhandel hast Du viele Wagen verschiedene Modelle von verschiedenen Herstellern, und doch alle von der gleichen Art der Fahrzeuge. Ist das richtig?
"Ja, Erhabener."
"Und diese Wagen, verschieden nach Modell und Hersteller, doch gleich in ihrem Wesen als Fahrzeuge, entsprechen sie nicht in ihrer Verschiedenheit den Bedürfnissen derer, die nach Maßgabe ihrer Mittel auf die rechte Art zu reisen suchen?"
"Ja, Erhabener."
"Dann ist es also Dein Geschäft, Derek, so wie Du es siehst, Deinen Kunden jenes Fahrzeug anzubieten, das ihren Bedürfnissen am besten entspricht?"
"Ja, Erhabener."
"Und für diejenigen, die größere Wagen benötigen, um mit ihren Familien darin Platz zu finden, ist also dann ein größeres Fahrzeug von nöten?"
"Ja, Erhabener."
"Und wiederum für jene, die den meisten Nutzen ziehen aus einem geringen Spritverbrauch wären sie nicht am besten bedient mit einem solchen Fahrzeug?"
"Ja, Erhabener."
"Und wenn ein Mann zu Dir käme, der nach einem bestimmten Wagen fragte, Du aber nach der Klärung seiner Bedürfnisse in Deiner Weisheit zu der Anschauung gelangtest, daß ein solches Fahrzeug für ihn nicht geeignet sei; würdest Du ihm dann nicht ein anderes Fahrzeug anbieten, das seinen Bedürfnissen besser entspräche?"
"Wiederum ja, o Tathágata."
"Und wenn ein Kunde käme, großund breit, gebaut wie ein Berg, würdest Du ihm dann einen Morgan empfehlen?"
"Nein, Erhabener."
"Und wenn ein Kunde käme, arm wie eine Kirchenmaus, würdest Du ihm nicht ein billiges Fahrzeug empfehlen?"
"Ja, Erhabener."
"Und, führen nicht alle diese Fälle endlich zum gleichen Ziel, daß Du Deinen ehrlichen Profit hast, während jeder Deiner Kunden zufrieden von dannen geht?"
"Ja, Erhabener."
"Genauso, ebenso bietet das Dharma ein ganzes Spektrum von Lehren, verschieden in Form und Gestalt, jedoch im Wesen alle vom einen Dharma. Und ebenso ist auch die Lehre des Tathágata genau den Bedürfnissenjener angepaßt, die auf dem Wege des Dharma sind, entsprechend ihrem jeweiligen Charakter und Temperament.
Und ebenso wird ein bestimmter Aspekt der Lehre jene erreichen, deren Mittel eben dieser Lehre entsprechen; ein anderer Aspekt aber jene, deren Wesen eben anders ist. Obwoh sie so verschiedene Lehren empfangen haben, wird doch jeder den selben Weg des Dharma beschreiten, entsprechend seine rjeweiligen Natur. Und genauso wird jedem von ihnen der gleiche Verdienst zugänglichsein, und derselbe Weg ist es, den er gehen kann.
Sage mir, Derek, wenn ein Kunde zu Dir käme, in einer solchen Geistesverfassung, daß er sagt, er brauche nur einen CDPlayer in seinem Wagen, und was auch immer er sonst benötige, wenn ihm ein Wagen ohne CDPlayer angeboten würde, dann sei er nicht zufriedengestellt, wäre der dann weise oder töricht?"
"Töricht, Erhabener."
"Und wenn er Deinen Rat nicht annähme und zu einem anderen Gebrauchtwagenhändler ginge, weniger weise und gewissenhaft als Du, und der verkaufte ihm einen Wagen, der seinen Bedürfnissen nicht entspräche wenn dieser andere Gebrauchtwagenhändler dann zu Dir käme und ausriefe 'Ich habe einen Wagen verkauft, wo Du versagt hast! Der Verdienst gehört mir allein!', würdest Du ihn als weise oder als töricht betrachten?"
"Als töricht, Erhabener."
"Und wenn dann dieser Kunde zurückkäme zu Dir, sich vor Dir niederwerfen würde und also spräche 'O weiser Derek, dieses Fahrzeug das ich da gekauft habe, entsprich tnicht meinen Bedürfnissen. Bitte verkaufe mir ein geeigneteres!"; und Du würdest ihm erwidern 'Hebe Dich hinweg die Zeit des Verkaufens ist vorübergegangen, und Du bleibst verdammt zur Unwissenheit!' würde dann ein solches Verhalten weise genannt werden oder töricht?"
"Sehr töricht wiederum, o Tathágata!"
"Ebenso also, wenn ein Mann kommt und nach einer bestimmten Lehre des Dharma verlang tund alle anderen Formen und Gestalten geringschätzt, obwoh lsie für ihn besser geeignet sein könnten wenn er auf diese Art handelt, so handelt er töricht.
Und ebenso, wenn ein anderer Lehrer diesen als Schüler annimmt auf Grund seines Verlangens, anstatt seiner Bedürfnisse, und jener dann kommt und dem Tathágata verkündet 'Wie weise ich doch bin! Ich habe diesen als Schüler angenommen, wo Du versagt hast! Mein ist der Verdienst!' dieser Lehrer würde noch törichter handeln.
Und wenn derselbe Mann sich wiederum dem Dharma zuwendete, sich zu Füßen des Tathágata niederwürfe und darum bäte, aufgenommen zu werden entsprechend der Weisheit des Tathágata wenn dann der Tathágata sagte 'Hebe Dich hinweg die Zeit des Lehrens ist vorüber gegangen, und Du bleibs tverdammt zur Unwissenheit!' also sprechend wäre der Tathágata wohl der Törichteste von allen!"
"Wahrlich, trefflich gesprochen, o Du Gipfel von Weisheit und Mitgefühl!"
Und wiederum sprach der Erhabene zu Derek, in derselben Weise, derer er sich vorher bedient hatte: "Wenn also ein Kunde aus Deinem Rat Nutzen ziehen soll, und Du Verdienst aus Deiner Weisheit, würde es also besser sein, wenn er das Fahrzeug empfinge, das seinen Bedürfnissen angepasst ist?"
"Ja, Erhabener."
"Dann höre, wie ich die Lehren des Tathágata erkläre, vielfältig und verschieden in Form und Gestalt, doch dieselben ihrer wahren Natur nach, wie sie vergleichbar sind dem Wesen Deiner eigenen Fahrzeuge, s daß Du den Tathágata vollends verstehest."
"Ja, Erhabener."
"Wenn einer schnell und bequem zu reisen wünscht und genügend Geld besitzt, wird er nicht mit einem BMW gut bedient sein?"
"Ja, Erhabener."
"Und wenn einer Zuverlässigkeitund alte Tradition zu würdigen weiß, wird er nicht mit einem Volkswagen gut bedient sein?"
"Ja, Erhabener."
"Und wiederum einer, der große Geschicklichkeit und das hohe Ansehen einer ausländischen Marke schätzt, wird er nicht mit einem Ferrari gut bedient sein?"
"Ja, Erhabener."
"Und wenn einer weder Prestige noch Komfort sucht, noch Aufwand oder Kunstfertigkeit, wird er nicht mit einem Skoda gut bedient sein?"
"Ja, Erhabener."
"Und obwohl all diese Fahrzeuge so verschieden sind, so haben sie doch den gleichen Verdienst und Nutzen, von einem Ort zum anderen zu gelangen auf die nämliche Weise; je nach der Art nicht nur ihres Modells und Herstellers, sondern indem sie dem allgemeinen Sinn folgen, zu dem alle solchen Fahrzeuge ins Dasein gerufen wurden.
"Ja, o Tathágata."
"Ebenso also, wennjemand den Weg des Dharma rasch und bequem zu gehen wünscht und genügend Glauben besitzt, dann mag ihm die Tradition des Reinen Landes dienlich sein.
Und ebenso, wenn jemand Sicherheit und alte Tradition auf dem Weg des Dharma schätzt, dann mag ihm die Tradition des Theravada dienlich sein.
Und wenn wiederum jemand Freude an großem Geschick und Ansehen hat und schwere Verantwortung nicht scheut, dann mag ihm die Tibetische Tradition dienlich sein.
Und ebenso, wenn jemand weder Prestige noch Komfor tsucht, noch Aufwand oder Kunstfertigkeit, dann mag ihm die ZenTradition dienlich sein.
Und obwohl alle diese Traditionen sich unterscheiden in Form und Gestalt, so bringen sie doch auf gleiche Weise den großen Verdiens tund Nutzen, in Einheit mit dem Dharma zu leben, und dienen dem Zweck nicht nur ihrer eigenen Tradition, sondern dem allgemeinen Zweck, zu dem alle diese Traditionen vom Tathágata geschaffen wurden.
"Wahrlich, trefflich gesprochen, o Du Gipfel von Weisheit und Mitgefühl!"
Darauf erhob sich der Tathágata und verneigte sich vor Derek, und indem er die folgenden Worte sprach, bestätigte er alles was er gesprochen hatte:
"Der Sogekommene, er der in diese Welt des Leidens und der endlosen Wiedergeburt gekommen ist, er der den Weg aufgezeigt hat, der aus dem Leiden und der endlosen Wiedergeburt hinausführt, er der den Weg vollendet hat, der aus dem Leiden und der endlosen Wiedergeburt hinausführt, er hat so gesprochen.
Alle Wege die zum Dharma führen, alle Wege des Dharma, obwoh lsie alle in sich selbst strahlend und weise sind, so führen sie doch endlich an denselben Ort, nämlich das Ende von Leiden und endloser Wiedergeburt.
Ebenso erreichen alle Lehren, die zum Dharma führen, alle Lehren des Dharma, obwohl sie verschieden und einander entgegengesetzt erscheinen, sowohl in ihrer Form als auch in ihrer Gestalt, doch endlich denselben Ort, nämlich das Ende von Leiden und endloser Wiedergeburt."
Bei diesen Worten sprang Derek empor und rief voller Freude: "O Du hervorragendster aller Lehrer, so habe ich also Deine Lehren gehört. Ich habe den gesehen, der in diese Welt des Leidens und der endlosen Wiedergeburt gekommen ist! Ich habe erkannt, daß alle Wege die zum Dharma führen, alle Wege des Dharma, doch endlich an denselben Ort führen, nämlich an das Ende von Leiden und endloser Wiedergeburt. Ich bitte Dich, nimm mich an als Mitglied Deiner Gemeinschaft, o Tathágata!"
Auf diese Bitte hin stimmte der Erhabene zu durch edles Schweigen. Und so verließen er und Derek das Büro des Managers wieder, und sie freuten sich mit den Bhikkhus, als sie mit ihrer Wanderung fortfuhren.
Hier endet die Lehrrede vom Gebrauchtwagenhändler.
© Joe Nicholson
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