ich war unschlüssig, in welche Rubrik ich den Beitrag stellen sollte. Ich stelle ihn erst einmal in "Texte". Falls er besser bei Offtopic oder Esoterik und Spiritualität aufgehoben ist, bitte ich ihn entsprechend zu verschieben. Danke.
Alles Liebe, StilleWasser
Über Besinnung und Weltuntergang, unsere Aufgaben und die Frage nach der Erleuchtung
Was mir bei den Verschwörungs-, Erleuchtungs- und Untergangsszenarien auffällt ist, dass die Menschen vielfach gleich gemacht werden. Als ob jeder einzelne ein bestimmtes "Niveau" erreichen müsste. Da stellt sich gleich die Frage, wer denn dieses vermeintliche Niveau festlegt und wer definiert, was dieses Niveau ausmacht.
Diese Welt soll untergehen, wenn sich die Menschheit nicht besinnt. Das wird sicher so sein. Aber Besinnen, heißt das, vermeintlich "höhere engergetische Level" anzustreben?
Wem nützt es, wenn sich viele Menschen auf ein "höheres Schwingungsniveau" begeben, aber alles bleibt Blabla. Wo bleibt die Praxis. Sind das dann wirklich noch "höhere Schwingungen"?
Es ist eine schöne Sache, Energien zum Höchsten aller zu senden. Aber nicht nur gelegentlich sollten wir uns die Frage stellen, wer denn diese Energien umsetzen soll, wenn wir es nicht selbst tun. Und dann könnte man noch weitergehen und sich fragen: was ist jetzt besser? Energien senden oder konkret agieren? Ich hab zunehmend den Eindruck, dass wir uns bloß nicht die Hände schmutzig machen wollen bzw. bequem sind. Dabei ist es einfach. Zumal das Motto gilt "Ein kleiner Schritt für mich, ein großer Schritt für die Menschheit". Unser Alltag ist voller Möglichkeiten, Gutes zu tun - niemand muss in die dritte Welt fliegen, wenn er das nicht kann. Es wäre schon so viel getan, wenn wir Erfahrung für Mitmenschlichkeit und Nähe schaffen würden - für uns selbst und für unsere Umwelt. Überlegt doch mal: lächelt ihr andere Menschen an, sagt "Hallo", haltet Türen auf, fragt, ob jemand Hilfe braucht und welcher Art. Und tut ihr all das auch für Euch?
Der Mensch lebt und lernt von Beispielen. Ob es uns gefällt oder nicht: wir alle sind solche Beispiele für unsere Mitmenschen.
Wirklich wichtig bei all dem ist wohl, dass wir den Blick für das Wesentliche nicht verlieren. Den Blick dafür, welche Art von Hilfe/ Engagement gefordert ist und ob überhaupt Hilfe erwünscht ist. Wenn es heißt, wir müssten aufwachen, damit diese Welt nicht untergeht, dann heißt das meiner Meinung nach, dass wir diese Welt realistisch betrachten müssen. So wie sie *jetzt* ist und nach dem, was sie *jetzt* braucht. Einem Hungernden kann ich die Bibel bringen, um ihn zu erleuchten, ich kann für ihn beten und ich kann Reiki schicken, aber wahrscheinlich wäre die sprichwörtliche Angel hilfreicher - sofern er sie will. Für diese Erkenntnis und diesen Weg braucht es keine "spirituellen Höhenflüge".
Wenn wir den Himmel auf die Erde bringen wollen, wäre es gut, die Gegebenheiten und Möglichkeiten der Erde zu berücksichtigen. Eine umfassende Veränderung braucht Zeit und Fundament, wenn sie stabil sein soll. Alrik hat es schon so schön geschrieben und ich wiederhole es hier mit folgendem Sprichwort "Gut Ding will Weile haben" .
Ich bin überzeugt, dass es Menschen geben muss und wird, die sich mehr mit geistigen Dingen auseinandersetzen als mit anderem. Genauso muss und wird es Menschen geben, die sich mehr der praktischen Seite widmen und welche, die zwischen diesen Seiten vermitteln. Auch ist die Art ,wie der spirituelle Weg beschritten wird, unterschiedlich. Wir leben von dieser Vielschichtigkeit. Wir leben davon, dass wir voneinander lernen können und davon, dass wir eben nicht alles selbst lernen und machen müssen. Wir leben aber auch davon, dass wir füreinander da sind und Aufgaben übernehmen, die andere nicht übernehmen (können), so wie diese Aufgaben übernehmen, die wir nicht wahrnehmen.
In der "spirituell-esoterischen Bewegung", wie ich es jetzt mal nennen möchte, birgt sich eine Gefahr. Es ist eine Verlockung, "spirituelle Reife" auf diese Weise zu erlangen. Schnell und natürlich gut und fundiert. Das sind Widersprüche in sich. Erleuchtung - klingt toll, hätte ich gern. Nur: Was soll das eigentlich wirklich sein? Und wie kommt man dort hin?
Menschen wie der Dalai Lama, den wir im allgemeinen für erleuchtet halten, haben ihr Leben genau auf diesen Punkt ausgerichtet. Hätte er ihn auch erreicht, wenn er ein Bauer gewesen wäre, der seine Familie ernähren muss? Es war und ist seine "Aufgabe". Ist es wirklich meine Aufgabe, "erleuchtet" zu sein? Ich frage mich übrigens, ob sich wohl der Dalai Lama selbst für erleuchtet hält... naja.
Meine persönliche Schlußfolgerung lautet, dass ich in diesem Leben keine Erleuchtung erlangen werde. Ich hab allerdings die Hoffnung, dass Erleuchtung möglicherweise doch etwas anderes ist, als das eigene Chakrensystem gänzlich zu läutern etc

Je mehr Probleme da sind, desto sehnlicher wünschen wir uns die Erlösung und desto härter wird daran gearbeitet. Oft ein Teufelskreislauf, gerade in esoterisch-spirituellen Kreisen. Mit Eigenliebe hatte dieser Vorgang nichts zu tun. Mit Erleuchtung auch nicht.
Ich hatte mein Ziel eindeutig verfehlt. Für andere werde ich nicht sprechen. Aber: bei all der extremen Problemlöserei um unser selbst willen, zum sogenannten Höheren, wo bleibt die Kraft für alles andere? Mir kommt das vor, wie eine versteckte Art von Egoismus. Egoismus der ungesunden Sorte.
Über Menschen
In meinen Augen haben Menschen eine wahre Größe, die erkennen, dass wir Vielschichtigkeit brauchen und die diese Vielschichtigkeit und den Menschen, in welchem Stadium er auch immer sein mag, so lieben wie er ist. Menschen, die es nicht nötig haben, sich zu erheben und Klassen zu schaffen. Menschen die wirklich offen sind und Mitgefühl entwickeln oder haben, aus der Erkenntnis, das jedes Stadium seine eigene Schwierigkeit hat und es keine Rangfolge der Schwierigkeiten gibt, solange man in diesen steckt. Menschen mit Menschennähe und Menschenverständnis. Menschen, die darüber hinaus das Verbindende wählen, das Einschließende und nicht das Ausschließende. Menschen, die sich bewußt sind, dass wir nur gemeinsam stark sind. Gemeinsam mit allen und allem. ...
Ich halte mich gelegentlich für so einen Menschen. *sichschieflacht* Und werde immer wieder aufs Neue belehrt, wie weit ich davon noch entfernt bin.

Die Liste selbst ist weder vollständig noch endgültig Zeugnis meines Ideals.
Zum Schluss noch ein paar Gedanken zu Begrifflichkeiten, wie "negative oder positive Energie", "Schwingungen - hoch, niedrig". Alles sehr technisch. Obwohl ich es durchaus als Fortschritt sehe, wenn wir lernen Energien wahrzunehmen und zu benennen, habe ich auch meine Bedenken. Ich frage mich, ob darüber bei einigen nicht die Fähigkeit verloren geht, einfache Dinge auch einfach auszudrücken. Und ich frage mich, wieviele Menschen diesen Jargon nutzen, um sich selbst zu distanzieren und dabei außerdem vermeiden, Dinge klar auszudrücken. Mit Technisierungen läßt sich hervorragend verschleiern und einen Hauch Objektivität vortäuschen, der bei näherer Betrachtung so nicht vorhanden ist.